Dr. Vera Engelbertz hat aus vielen Quellen folgende Erläuterung zusammen gestellt:
Warum produziert der Dalmatiner zu viel Harnsäure und was passiert genau?
Dalmatiner
haben eine genetische Veränderung, die die Purinverarbeitung stört, so
dass vermehrt Harnsäure mit dem Urin ausgeschieden wird (Hyperurikosurie).
Purine sind Bestandteile der Nukleinsäuren, kommen also in
der DNA und RNA, also der Erbsubstanz der Zellen, als sehr spezielle
Eiweißbausteine vor. Tierische Lebensmittel enthalten diese besonderen
Eiweißbestandteile vor allem in der Haut und in Innereien, hier ist der
Gehalt an Purinen besonders hoch. Purine können aber auch vom Körper
selbst gebildet werden, da sie wichtige Bestandteile der Zellen sind.
Eiweiße/Proteine in der Nahrung werden durch den Verdauungsapparat des Hundes in die Grundbestandteile zerkleinert, die Purine Adenosin und Guanin werden dann durch Enzyme weiter gespalten, so dass über das Zwischenprodukt Harnsäure letztlich das gut im Urin lösliche Allantoin entsteht, das durch die Niere dann problemlos ausgeschieden werden kann.
Beim
Dalmatiner sorgt aber ein genetischer Defekt dafür, dass die Umwandlung
von Harnsäure in Allantoin nicht richtig funktioniert. Das Enzym Urikase,
das Harnsäure zu Allantoin konvertiert, ist in Leberzellen
(Peroxisomen) gespeichert. Die Harnsäure muss in die Leberzellen
transportiert werden, damit Harnsäure in Allantoin
umgewandelt werden kann. Dalmatiner haben normale Urikase-Enzymwerte im
Vergleich zu anderen Hunderassen, aber Dalmatiner haben einen
abnormalen Harnsäuretransport über die Lebermembran in die Leberzelle
hinein.
Außerdem scheinen Dalmatiner weniger Harnsäure in den
proximalen Nierentubuli (kleine Nierenkanälchen) zu reabsorbieren und
zusätzlich erfolgt auf Grund des Membrantransportdefekts eine aktive
Ausscheidung von Harnsäure in den distalen Nierentubuli. D.h.
zusätzlich zum Transportproblem in die Leberzellen hinein, das zu einer
verminderten Umwandlung von Harnsäure in Allantoin führt, gibt es noch
ein weiteres Problem in der Niere. Es wird in der Niere weniger
Harnsäure aus dem Harn zurück ins Blut geleitet im Vergleich zu dem
Nierensystem bei anderen Hunden, und zusätzlich wird noch vermehrt
Harnsäure aus dem Blut in den Urin durch die Niere ausgeschieden im
Vergleich zu anderen Hunderassen.
Diese drei Probleme, also ein Lebertransportproblem der
Harnsäure, eine verminderte Reabsorption und eine aktive vermehrte
Ausscheidung der Harnsäure durch die Niere führt somit zu einem erhöhten
Harnsäuregehalt im Urin.
Dalmatiner nehmen eine Mittelstellung zwischen Menschen und
Hunden anderer Rassen ein, insofern, dass sie Allantoin zu Harnsäure im
Verhältnis 1:2 bis 1:3 ausscheiden.
Studien
zeigen, dass Hunde normalerweise zwischen 15 und 40 mg/Tag Harnsäure im
Urin ausscheiden, Dalmatiner jedoch im Mittel zwischen 400 und 600 mg,
Schwankungen von 200 bis über 1000 mg/Tag sind jedoch möglich. Das
Risiko für eine Steinbildung ist bei einer Ausscheidung von >
550mg/Tag am größten (1), (5).
Auch
die Harnsäure im Blutplasma bzw. Serum ist beim Dalmatiner 2-4fach
erhöht im Vergleich zu anderen Hunderassen. Der Mittelwert beträgt beim
Dalmatiner 0,5 mg/dl mit einer Streuung von 0,3-4 mg/dl im Serum (5).
Hier der Ablauf der Enzymkette vom Purin bis zum Ausscheidungsprodukt:
Adenosin -> (Enzym
Adenosin-Desaminase) Inosin -> (Enzym Nucleosid-Phospharylase)
Hypoxanthin -> (Enzym Xanthin-Oxidase) Xanthin -> (Enzym
Xanthin-Oxidase) -> Harnsäure ->// (Enzym Urikase) Allantoin
Guanosin – >(Enzym Nucleosid-Phosphorylase) Guanin -> (Enzym Guanin-Desaminase) Xanthin, dann s.o. .
Durch welchen Gendefekt entsteht die Hyperurikosurie beim Dalmatiner und kommt das Problem auch bei anderen Rassen vor?
Die
Entschlüsselung der genetischen Hintergründe der Hyperurikosurie (HUU)
beim Dalmatiner ist eine kleine tiermedizinische Sensation gewesen und
noch gar nicht so lange bekannt.
2008
hat Bannasch et. al. (4) das Harnsäuretransporter-Gen SCL2A9
identifiziert, dessen „Missense“- Mutation beim Dalmatiner für den
unzureichenden Transport der Harnsäure in Leber und Niere und damit für
die unzureichende Umwandlung der Harnsäure in Allantoin zuständig ist
und dadurch zur Hyperurikosurie und leichtgradig auch zur Hyperurikämie
(zuviel Harnsäure im Blut) führt.
Der
reinrassige Dalmatiner ist für diese einfach rezessiv vererbte Mutation
homozygot, d.h. er trägt immer zwei Kopien dieses speziellen mutierten
Gens, die Hyperurikosurie tritt hierdurch immer auf.
Vermutlich
ist die genetische Selektion auf die besondere Fleckung des Dalmatiners
„schuld“ an der Homozygotie für SCL2A9, da Vererbungsbeobachtungen
dafür sprechen, dass das Gen eng mit einem Faktor vererbt wird, der für
die Größe der Flecken („Ticking-Factor“) zuständig ist (4).
Die Genmutation selbst muss sehr alt sein, da sie nicht nur beim
Dalmatiner gefunden wird, sondern auch bei anderen gar nicht verwandten
Rassen, z.B. bei Bulldoggen und Russischen Terriern. D.h. das HUU-Gen
muss irgendwann vor der Trennung in diese unterschiedlichen Rassen
entstanden sein, da eine spätere Einkreuzung weniger wahrscheinlich
erscheint. Hierfür spricht auch eine Veröffentlichung aus dem Jahre
2000, in der ebenfalls deutlich erhöhte Harnsäurespiegel im Blut und
Urin bei der Istrischen Bracke und dem altkroatischen Windhund gefunden
wurde, was ebenfalls darauf hinweist, dass das HUU-Gen sehr früh
eventuell wirklich im kroatischen Raum, aus dem der Dalmatiner ja
stammen soll, entstanden sein könnte (7).
Andere
Rassen sind jedoch für das Gen meist nicht homozygot, so dass es nur
sehr selten bei Verpaarungen von Eltern, die beide eine Kopie des
mutierten Gens tragen, zu Nachkommen mit Hyperurikosurie kommen kann. Theoretisch kann das HUU-Gen in allen Rassen auftreten.
Sinnvollerweise
kann inzwischen auf das HUU-Gen getestet werden, so dass solche
Verpaarungen in Risikorassen vermieden werden können.
Informationen:
http://www.laboklin.de/index.php?link=labogen/pages/html/de/erbkrankheiten/hund/hund_hyperurikosurie_huu.htm
Wie, wo und wie oft entstehen Steine im Urintrakt von Dalmatinern?
Prinzip der gesättigten Lösung
Wenn
zu viel Harnsäure in zu wenig Urin gelöst werden soll, kommt es zur
Bildung von Harnsäurekristallen. Das ist das Prinzip der gesättigten
Lösung. Man kann es mit folgendem Beispiel vergleichen. Wenn ich ein
halbes Glas Wasser habe, und löffelweise immer wieder Salz ins Wasser
einstreue, wird sich das Salz auflösen, bis die Lösung gesättigt ist.
Dann kann das Salz sich nicht mehr im Wasser lösen und bleibt in
Kristallform sichtbar im Wasser am Boden des Glases liegen. Gieße ich
jetzt das Glas bis zum Rand des Wassers voll, dann lösen sich die
Salzkristalle wieder auf.
Das
gleiche passiert mit der Harnsäure. Es bilden sich bei zuwenig Urin
oder zu langem Verbleiben des Urins in der Blase (fehlende Spülung) beim
Dalmatiner Harnsäurekristalle im Urin. Diese Kristalle können durch
Urinieren vom Hund ausgespült werden. Sind es jedoch sehr viele, dann
können diese Kristalle zur Reizung der Blasenwand oder der Harnröhre mit
Schmerzen, eventuell sogar Entzündungen, Blutungen und einem erhöhten
Risiko für die Ansiedlung von Bakterien einhergehen. Die Hunde können
hierunter völlig beschwerdefrei erscheinen, häufiges Wasserlassen,
häufiges Lecken an Flanken, Hinterläufen, Damm und Genitalbereich können
jedoch Anzeichen für ein Problem sein.
Wenn
sich viele Kristalle im Urin befinden, kann es dazukommen, dass diese
Kristalle sich zusammenlagern und „Gries“ bilden, d.h. kleine Steinchen.
Bei weiteren Kristallanlagerungen können diese Griessteinchen zu großen
Steinen über die Zeit heranwachsen und neben den oben genannten
Symptomen im schlimmsten Fall zur Verlegung der Harnwege am
Blasenausgang oder insbesondere beim Rüden in der Harnröhre führen
(Obstruktion -> Notfall (s.weiter unten).
Obwohl
ALLE Dalmatiner (die LUA-Dalmatiner des Backcross-Projektes mal
ausgenommen) eine Hyperurikosurie haben, bilden längst nicht alle
Dalmatiner Kristalle, Gries oder Steine aus.
Die
Hyperurikosurie ist vielmehr ein Risikofaktor für die Bildung von
Steinen, kein Automatismus. Weitere Risikofaktoren müssen hinzukommen,
damit es wirklich zu einem Problem kommt.
Als Risikofaktoren werden angesehen:
- Eine hohe Harnsäurekonzentration im Urin (6)
- Ein saurer Urin-PH (6)
- Trockenfutter mit einem Rohproteingehalt > 20% (6)
- Häufigkeit des Urinierens
- Rüden (ev. nur auf Grund der Anatomie häufiger problematisch?)
- Weitere Faktoren, bisher nur teilweise erforscht, z.B. das Vorliegen weiterer Proteine in der Harnblase/im Urin, die einer Kristall- und Steinbildung entgegenwirken, u.a. Tamm-Horsefall-Muko-Proteine, Nephrocalcin, Osteocalcin und ggf. Glykosaminoglykane (10, 11)
Rassevergleich
Grundsätzlich bildet der Dalmatiner etwas häufiger Harnsteine aus, als die meisten anderen Rassen.
In
einer Untersuchung aus Canada, in der 50.000 Harnsteine untersucht und
u.a. auch der Rassenzugehörigkeit zugeordnet wurden, zeigte sich, dass
der Dalmatiner als sechsthäufigste Rasse (mit 6-8%) in dieser
Untersuchung Steine bildete, und zwar in der Häufigkeit deutlich hinter folgenden
Rassen: Shi Tzu, Miniatur-Schnauzer, Bichon frisée, Lhasa apso und
Yorkshire Terrier. Nicht berücksichtigt sind in der Rasseauflistung die
Mischlinge, die mengenmäßig am häufigsten Harnsteine bilden (in der
Studie waren 17% der untersuchten Steine von Mischlingen). Hierbei sind
alle Steinarten berücksichtigt, nicht nur Uratsteine (8). Über
die untersuchten 10 Jahre in der Studie ist die Häufigkeit der
Uratsteine übrigens recht konstant geblieben, im Gegensatz zu
Calciumoxalat- und Struvitsteinen, die über die Zeit deutlichen
Schwankungen unterlagen, was insbesondere mit der Veränderung der
Zusammensetzung kommerzieller Futtermittel (Ansäuerung, Proteingehalt)
in Verbindung zu bringen ist.
Die
Ergebnisse passen gut zu einer ähnlichen Studie aus dem Minnesota
Urolith Center, bei der Dalmatiner über 15 Jahre und 53.000
ausgewerteten Steinen im Rassenvergleich 5% ausmachen. (9)
Entstehungsort
Beim
Dalmatiner entstehen Harnsteine zu 85 % im unteren Urogenitalsystem,
also in der Blase, der Harnröhre oder in beiden, nur 1,3 % entstehen in
der Niere oder den Harnleitern oder beiden und ebenfalls ganz selten
(1,5%) kommen Steine im oberen und unteren Urogenitalsystem vor.
Interessant ist jedoch, dass 12,3 % der Steine von den Dalmatinern
ausgeschieden und dann untersucht wurden. Dies liegt vermutlich daran,
dass Uratsteine häufig rund sind und je nach Größe relativ leicht
ausgeschieden werden können, allerdings auf Grund der anatomischen
Begebenheiten beim weiblichen Tier besser als beim männlichen.
Wie
schon gesagt, sind Harnsteine beim Dalmatiner fast immer Uratsteine
(94%). Andere Steine und gemischte Steine kommen nur im maximal
1-2%-Bereich vor und sind somit wirklich selten. (9)
Uratsteine
sind jedoch nicht gleich Uratsteine. Je nachdem, welche Mineralien
vorherrschen, teilt man die Urate in Ammoniumurate (DIE
Dalmatinersteine/Kristalle mit 94%), Natriumurate (12%) und in die viel
selteneren Calcium-Natrium- und reinen Urate ein.
Hier findet man gute mikroskopische Bilder von Harnkristallen:
http://www.laboklin.de/de/VetInfo/Bildgalerie/harnkristalle/Urate.html
Geschlecht
Rüden sind mit 97% viel häufiger von symptomatischer Steinbildung betroffen als Hündinnen. Interessant ist, dass in der amerikanischen Studie kastrierte Rüden mehr als doppelt so häufig vertreten waren, als intakte Rüden.(9) Das kann einerseits an der Häufigkeit der Kastrationen insbesondere in den USA liegen, möglicherweise jedoch auch ein Hinweis auf hormonelle oder anatomische Faktoren sein. Es gibt eine Empfehlung, Dalmatinerrüden möglichst nicht vor dem 2. Lebensjahr kastrieren zu lassen, um dem Urogenitalsystem Zeit zu geben, sich vollständig auszubilden. Die Erklärung, warum Rüden so extrem überrepräsentiert sind, liegt vor allem in der Anatomie. Die Harnröhre der Hündin ist kurz und dehnbar, Kristalle und Gries können gut ausgeschieden werden, ein Problem durch eine Verlegung der Harnwege tritt nur extrem selten auf und Probleme werden vom Halter sehr selten wahrgenommen. Beim Rüden ist es anders. Die Harnröhre ist deutlich länger und läuft in einer Rinne des des Penisknochens entlang, wo es zu einer natürlichen Engstelle kommt, die sich kaum weitet bei Druck, so dass hier kleinere Steine und Gries häufig hängenbleiben und Probleme bereiten können.
Penisknochen, Pfeil zeigt die Rille an, in der die Harnröhre verläuft
|
Röntgenbild mit 3 Harnsteinen an der Engstelle des Os penis
Anmerkung: Uratsteine würde man auf dem Röntgenbild nicht sehen, da sie nicht „röntgendicht“ und dadurch nicht sichtbar sind |
Copyright: Wikipedia commons
Alter
Eine
Steinbildung kann in jedem Alter auftreten. Am häufigsten treten Steine
jedoch statistisch gesehen zwischen dem 2. und 4. Lebensjahr auf.
Häufigkeit symptomatischer Dalmatiner
Die
prozentuelle Häufigkeit von Dalmatinern mit auf Stein, Gries- oder
Kristallbildung zurückzuführenden Symptomen und Erkrankungen ist nicht
bekannt.
Berechnungen,
die auf die amerikanischen Stein-Datenbanken beruhen und die Zahlen der
im amerikanischen Rasseclub registrierten Dalmatiner zu Grunde legen,
legen eine Häufigkeit von symptomatischen Steinbildnern („stone
formers“) von 1% nahe (12).
Auch
eine Umfrage in einer Schweizer Population zeigte eine Häufigkeit von
ca. 2 % der Dalmatiner an, die Probleme im Urogenitalsystem aufweisen.
Die
Häufigkeit von Kristall-bildenden Dalmatinern wird um ein Vielfaches
größer sein und auch individuell und interindividuell schwanken; die
Hunde fallen selten auf, deshalb ist hier eine vernünftige Schätzung
kaum möglich.
Bei
symptomfreien Dalmatinern ist ein vereinzeltes Vorkommen von
Uratkristallen im Urin-Sediment oder ein Sediment, das schwach positiv
auf Uratkristalle ist, in einer weiteren Kontrolle jedoch wieder frei
ist, nicht notwendigerweise als krankhaft anzusehen, so lange keine
Symptome auftreten und solange nicht regelmäßig und/oder viele
Uratkristalle nachgewiesen werden.
Ein
positiver Kristallnachweis im Urin sollte jedoch immer zu einer
kritischen Überprüfung der Fütterung, der Trinkmenge und der Häufigkeit
des Lösens führen.
Rückfallrate bei Uratsteinen
Die Rückfallrate wurde mit 17,8% angegeben (6).
Mein Dalmatiner hat keine Beschwerden, muss/kann ich trotzdem etwas beachten? Welche Möglichkeiten der Vorsorge habe ich?
Wichtig ist, zu WISSEN, dass der Dalmatiner diese spezielle Besonderheit hat und auf
Symptome wie vermehrtes Lecken im Genitalbereich oder an den Flanken,
sehr häufiges Urinieren, Schmerzen beim Urinieren, auf dunkel,
weißlich-wolkig oder rötlich gefärbten Urin zu achten und in einem
solchen Fall den Tierarzt für eine Urinuntersuchung aufzusuchen.
Eine
besondere Sicherheit gibt eine vorsorgliche Urin-Sediment-Untersuchung
z.B. alle 6 Monate und vor- bzw. nach jedem Futterwechsel oder unter
Medikamenteneinname.
Was ist ein Urinsediment?
Für
die Untersuchung des Urins auf Kristalle wird ein sogenanntes
Urinsediment angefertigt. Dabei wird Urin in einem kleinen Behälter in
einer Zentrifuge geschleudert, das führt dazu, dass sich am Boden des
Behälters die schwereren Bestandteile (also Kristalle, Zellbestandteile
etc.) absetzen. Der Überstand wird dann verworfen und der Bodensatz wird
auf einen Objektträger aufgetragen und unter dem Mikroskop beurteilt.
Abgedeckt kann so ein Objektträger auch in ein spezielles Labor für eine
Zweitmeinung geschickt werden, wenn der Tierarzt selbst sich in der
Beurteilung nicht ganz sicher ist.
Die
beste Aussagekraft hat das Urinsediment (Frage Kristalle), wenn es von
einem Urin genommen wird, der schon ein paar Stunden in der Blase des
Hundes war. D.h. z.B. der erste Morgenurin oder alternativ auch z.B.
eine Urinprobe, nachdem der Hund einige Stunden im Haus war und sich
nicht gelöst hat (möglichst mehr als 4 Stunden).
Die
Idee dahinter ist, nachzuschauen, ob in einer bei Körpertemperatur
stehenden Lösung (also so, wie es eben auch ist), Kristalle gebildet
wurden. Wenn die Blase zu frisch entleert wurde, dann sind darin keine
Kristalle mehr zu finden, weil diese „raus gespült“ wurden und dann noch
nicht genug Urin da ist, in dem sich erneut Kristalle bilden können.
Außerdem
muss der Urin frisch zum Tierarzt gebracht werden (möglichst < 15
min, max. 30 min) und der Tierarzt soll den Urin rasch sedimentieren.
Jeder Urin, der länger „an der Luft“ steht und abkühlt, kann Kristalle
ausbilden, die dann aber nicht den wahren Begebenheiten entsprechen. Das
gleiche gilt für Kälte: der Urin soll nicht im Kühlschrank aufbewahrt
werden, auch dann bilden sich Kristalle (oder bereits bestehende
Kristalle verschwinden), die das Ergebnis völlig verfälschen.
Wenn
es sehr schwierig ist, Urin ohne größere Verunreinigungen zu gewinnen,
ist eventuell eine Katheterisierung oder eine Punktion der Blase zur
Gewinnung sterilen Urins notwendig. Ich persönlich würde das aber nur im
absoluten Notfall bei meinem Hund machen lassen, denn diese Eingriffe
sind ihrerseits erstens unangenehm und zweitens auch wieder ein Risiko
für eine Infektion oder Verletzung. Ein „steril gewonnener“ Urin ist
sowieso nur dann sehr wichtig, wenn es um die Bestimmung von Bakterien
im Urin geht, und auch hier reicht üblicherweise ein „Mittelstrahlurin“
aus.
Uringefäße gibt es auch beim Tierarzt oder in der Apotheke, man kann aber auch ein sauberes Marmeladenglas nehmen.
Was ist ein Urin-PH-Stix?
Die
Überprüfung des Urin-PHs ist eine weitere Sache, die man als
Dalmatinerhalter selbst übernehmen kann. Wichtig ist es vor allem für
die Hunde, die symptomatisch sind, für den symptomfreien gesunden Hund
ist es nicht wirklich notwendig, es kann aber trotzdem interessant sein,
den „Ausgangs-Urin-PH“ seines Hundes zu wissen.
PH-Stix-Papier
(100 Stück ca 5 Euro) bekommt man in der Apotheke. Wichtig ist
ebenfalls der Stix am morgen oder nach längerer Pinkelpause. Gut ist für
den Dalmatiner ein PH-Wert zwischen 6 und 7, ideal zwischen 6,5 und 7,
bei einem Hund mit Uratproblemen unter Diät/Allopurinol besser 6,5-7,5.
Ständig
saurerer Urin (< 6) erhöht die Gefahr für Uratkristalle im Urin
(fallen in saurem Urin schneller aus). Über den Tag im Verlauf nach der
Fütterung ist der Urin meist basischer
(7- 8). Auch da kann es mal ganz interessant sein, wie das beim eigenen Hund aussieht.
Ein wiederholt sehr basischer Urin (> 8 ) kann auf bakterielle Infektionen hinweisen.
Was ist ein Urin-Stix?
Urin-Stix-Streifen
bekommt man ebenfalls in der Apotheke, dies macht üblicherweise aber
auch der Tierarzt bei der Urinuntersuchung.
Hier
werden auf einem Messstreifen mehrere Faktoren angezeigt, z.B. ob Blut
im Urin ist, ob Nitrit (Hinweis auf Bakterien), Leukozyten (weiße
Blutkörperchen, ebenfalls Hinweis auf eine Infektion), Eiweiß und
sonstige Bestandteile im Urin zu finden sind.
Prophylaxe
Neben
dem regelmäßigen Anfertigen eines Urinsedimentes beim Tierarzt hat man
natürlich weitere Möglichkeiten, einer Kristall- oder Steinbildung beim
Dalmatiner vorzubeugen.
Der
Hund sollte ausreichend trinken, um Harnwege und Blase regelmäßig gut
durchzuspülen. Wenn ein Hund sehr trinkfaul ist, hilft es je nach
bevorzugter Fütterung, das Trockenfutter einzuweichen, zusätzlich zum
Trinkwasser verdünnte Milch oder ungewürzte Gemüsebrühe anzubieten. Eine
Fütterung mit Frischfutter führt zu einer größeren Wasseraufnahme als
Trockenfutter, weil frisches Futter zu einem Großteil aus Wasser
besteht. Nassfutter ist auf Grund des meist deutlich höheren
Rohproteingehaltes in der Trockenmasse (entspricht nicht der
Proteinangabe auf der Packung!) meist weniger geeignet.
Für
eine prophylaktische purinarme Ernährung gibt es keine
wissenschaftlichen Daten, insbesondere, wenn unter der bestehenden
Fütterung das Urinsediment frei von Kristallen ist. Für (zwar wenige)
Dalmatiner, die zu anderen Stein- und Kristallarten neigen, kann eine
sogenannte „Dalmatinerdiät“ sogar erst recht zur Kristall- und
Steinbildung führen.
Insgesamt
ist es jedoch ratsam, dem Dalmatiner „Purinbomben“ wie Leber, Bierhefe,
Innereien und getrocknete Knabbereien mit sehr hohem Protein- und
Puringehalt nur in Maßen oder gar nicht zu füttern.
Hierbei
sind auch die Inhaltsstoffe von Nahrungsergänzungsmitteln und
„Leckerchen“ zu beachten, problematisch kann dies insbesondere sein,
wenn Hauptbestandteile wie Leber oder Bierhefe nicht einzeln ausgewiesen
werden.
Im Urinsediment meines Dalmatiners wurden mehrmals viele Uratkristalle nachgewiesen – was nun?
Beim
mehrmaligen Nachweis von Uratkristallen kann es zur Gries- und
Steinbildung kommen, auch wenn es Dalmatiner gibt, die Steine ohne
Kristallnachweis bilden und andersherum Dalmatiner, die jahrelang trotz
regelmäßigem Nachweis von Kristallen nie Probleme bekommen.
Der Tierarzt wird bei mehrmaligem Nachweis von Uratkristallen eine Beratung durchführen.
Um
sicher zu sein, das bisher kein Gries bzw. keine Steine gebildet
wurden, sollte ein Blasenultraschall durchgeführt werden bei voller
Blase. Dies ist für den Hund nicht sehr belastend, die Untersuchung wird
in Seiten/Rückenlage und im Stand durchgeführt, eventuell wird der
Bauchbereich über der Blase etwas rasiert.
Wenn
kein Gries und keine Steine nachweisbar sind, ist der erste Schritt,
die Trinkmenge beim Hund zu erhöhen und ihm ein häufigeres Lösen zu
ermöglichen (möglichst alle vier Stunden – „Prinzip Spülen/Prinzip der
gesättigten Lösung“). Desweiteren sollte die Ernährung überdacht werden
und der Purin- und ggf. Proteingehalt der Futtermittel gesenkt werden
(s. Kapitel „Dalmatinerdiät“).
Bei reiner Kristallbildung ist in den meisten Fällen eine Behandlung mit Allopurinol (s.unten) nicht notwendig.
Eine
Kontrolle (Urinsediment) sollte nach 4-6 Wochen und danach ca. alle 3-6
Monate erfolgen, eine zumindest purinbewusste Diät sollte lebenslang
beibehalten werden.
Bei meinem Dalmatiner wurden Blasensteine festgestellt, das Urinsediment zeigt Uratkristalle – was nun?
Das kommt auf verschiedene Faktoren an, wie viele Blasensteine, wie groß sind sie, welche Beschwerden zeigt der Hund, etc.
Beim
Dalmatiner ist es wahrscheinlich, dass die Steine wirklich Uratsteine
sind, hierfür spricht z.B. auch, wenn ein angefertigtes Röntgenbild die
Steine kaum zeigt (Uratsteine sind nicht röntgendicht) und die Steine im
Ultraschall recht rundlich aussehen. Sollten andere Steine gefunden
werden, muss ein anderes Vorgehen gewählt werden.
Wir gehen hier nur von Uratsteinen aus.
Bei
einem relativ beschwerdearmen Hund, der keine Probleme beim Urinieren
zeigt, sollte der Versuch gemacht werden, die Steine zu verkleinern bzw.
ganz aufzulösen.
Neben
der Erhöhung der Trinkmenge und der Löse-Intervalle soll eine
purinarme- und gering protein-reduzierte Spezialdiät (verschiedene
Möglichkeiten, s.u.) gefüttert werden. Der Urin soll möglichst in einem
neutralen Bereich bei einem PH von ca. 7 gehalten werden. Sollte dies
durch diätetische Maßnahmen alleine nicht erreicht werden, kann ggf.
Kaliumzitrat in einer Dosis von 15-150 mg/kg KG 2 x tgl. unter
PH-Kontrollen und individueller Einstellung hinzugegeben werden. Als
Medikament zur Auflösung von Uratsteinen eignet sich zusätzlich
Allopurinol.
Das
Auflösen von Uratsteinen kann zwischen 4 und 40 Wochen dauern (13).
Regelmäßige Ultraschalluntersuchungen oder alternativ (aber aufwendiger
und invasiver) Doppelkontrast-Röntgen-Untersuchungen der Blase sollten
durchgeführt werden.
Allopurinol
Allopurinol
und sein Metabolit Oxypurinol hemmen die Xanthinoxidase, so dass die
Umwandlung zu Harnsäure nicht mehr erfolgt. Hierdurch kann mehr Xanthin
und Hypoxanthin anfallen, Stoffe die besser wasserlöslich und
nierengängig sind.
Durch die Verminderung der anfallenden Harnsäure wird das Risiko für das Ausfallen für Harnsäurekristalle vermindert.
Allopurinol
wird in einer Dosierung von 15 mg/kg Körpergewicht alle 12 Stunden
(d.h. 30 mg/kg KG pro Tag, aufgeteilt auf zwei Einzeldosen). Vor Gabe
von Allopurinol sollte auf jeden Fall eine Blutuntersuchung gemacht
werden, um u.a. eine Niereninsuffizienz (Nierenschädigung/-schwäche)
auszuschließen, da Allopurinol über die Nieren ausgeschieden wird.
Nach
Auflösung der Uratsteine kann Allopurinol zur Prophylaxe in einer
Dosierung von 5-10 mg/kg Körpergewicht gegeben werden. Unter
engmaschigen pH- und Sedimentkontrollen und Fortführung der purinarmen
Diät kann ein vollständiges Absetzen von Allopurinol möglich sein, dies
muss individuell entschieden werden. Eine langfristige Prophylaxe mit
Allopurinol ist nicht zu empfehlen. (13)
Allopurinol
muss mit einer gleichzeitigen purinarmen Fütterung einhergehen. Fallen
unter Allopurinol zuviele Purine an, steigt die Menge an Xanthin und es
kann insbesondere unter hohen Dosen von Allopurinol (> 400 mg/Tag)
zur Ausbildung von Xanthinsteinen kommen, die so gut wie nicht durch
sonstige Maßnahmen auflösbar sind. Dies sollte unbedingt vermieden
werden.
Sollte
eine purinarme Diät nicht möglich sein oder der Hundehalter eine
konsequente purinarme Fütterung nicht einhalten („Leckerli“), sollte von
einer Gabe von Allopurinol besser Abstand genommen werden.
Welche weiteren Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Generell
ist immer bei einer Kristallurie oder bei der Erstdiagnose von Gries
oder Steinen in der Blase eine bakterielle Urinuntersuchung zu
empfehlen. Ein zusätzliches Vorliegen von Bakterien/Harnwegsinfektionen
ist häufig, da Gries und Steine eine gute Basis für die Vermehrung von
Bakterien bieten. Eine antibiotische Behandlung sollte (ggf. mit einer
vorherigen Resistenzbestimmung für das korrekte Antibiotikum) beim
Nachweis von Bakterien und immer auch prophylaktisch zumindest
kurzfristig bei Manipulationen im Harnwegsbereich (Katheterisierung,
Operationen) auf Grund der hohen Infektrate von fast 70% erfolgen (6).
Spricht
die medikamentöse Auflösung der Steine (Litholyse) nicht an, oder
bestehen schwere akute Probleme, kommt es zur Obstruktion im Blasenhals
oder in der Harnröhre oder ist eine Auflösung von Steinen auf Grund
anderer Komplikationen oder Erkrankungen nicht zu erwarten, müssen
andere Maßnahmen getroffen werden.
Hydropropulsion
Zur
Entfernung kleinerer Steine oder auch insbesondere bei der
Urethraobstruktion (Verlegung der Harnröhre) beim Rüden ist die
sogenannte Hypdropropulsion das Mittel der Wahl.
Hierbei
wird ein möglichst großlumiger Katheter in Narkose (!) in die Harnröhre
eingeführt und ständig und wiederholt mit Kochsalzlösung gespült.
Hierdurch werden durch den Druck in der Harnröhre liegende Steinchen und
Gries nach und nach in die Blase zurückgespült. Über den liegenden
Katheter werden dann soweit möglich Gries und kleinere Steinchen
abgezogen und die Blase mehrmals mit viel Kochsalzlösung gespült. Steine
und Gries können zur Untersuchung der genauen Steinzusammensetzung in
ein Labor geschickt werden.
Es kann sein, dass nicht alle Steine durch die Hydropropulsion herausgespült werden können.
In
der Blase verbleibende Steine können dann ggf. wieder durch dietätische
oder medikamentöse Maßnahmen weiter verkleinert werden. Eine
Gefahr hierbei ist, dass die verbleibenden Steine erneut eine Verlegung
der Harnwege verursachen können, ggf. ist dann eine weitere
Hydropropulsion notwendig. (16)
Quelle: http://www.vu-wien.ac.at/i105/files/degasperi/urologievorlesungdez05.pdf
Zystotomie
Zur
Entfernung von Steinen aus der Blase, die einer Auflösung nicht
zugänglich sind, oder zur Entfernung von Steinchen, die nach
Hydropropulsion in der Blase verbleiben, wenn das Risiko einer erneuten
Obstruktion vermieden werden soll, wird die Blase chirurgisch eröffnet,
die Blasensteine werden entfernt, die Blase wird mehrfach gespült, die
Blasenwand wird wieder zugenäht. (17)
Uretrotomie
Ist
die Harnröhre durch einen Stein verschlossen (Notfall!!) und ist ein
Rückspülen des Steins in die Harnblase zur Wiederdurchgängimachung der
Harnröhre nicht gelungen oder nicht möglich, kann eine Eröffnung der
Harnröhre zur Entfernung des Harnröhrensteins notwendig werden. Eine
komplizierte Operation, die in die Hand eines erfahrenen Chirurgen
gehören sollte. (17)
Uretrostomie
Hierbei
wird vor dem Os penis eine bleibende Öffnung in die Harnröhre eingenäht
(„Harnfistel“), die sich nicht mehr schließt. Hierdurch uriniert der
Hund, Ziel ist es, weiteren Gries durch diese Öffnung auszuscheiden und
eine Verlegung der Harnröhre zu vermeiden. (17) Problem bei dieser
bleibenden Verbindung zum Urogenitalsystem ist die Gefahr häufiger und
rezidivierender Infekte, durch Bakterien, die durch die Öffnung
ungehindert aufsteigen können und bis zur Nierenbeckenentzündung führen
können. Zusätzlich sind Blutungen und Vernarbungen in dem operierten
Bereich nicht selten. (17)
Die
Uretrostomie sollte nur in Betracht gezogen werden, wenn sonstige
Maßnahmen keinen Erfolg gezeigt haben und es zu wiederkehrenden
Verlegungen der Harnröhre kommt.
ALLE
chirurgischen Maßnahmen ändern nichts am zu Grunde liegenden Problem,
der Hyperurikosurie mit Steinbildung beim prädisponierten Hund.
Hieran
kann lediglich die Disziplin des Hundehalters mit guter Beobachtung des
Hundes, Einhaltung der diätetischen Maßnahmen beim Hund, Erhöhung der
Trinkmenge und häufigen Möglichkeiten zum Urinieren, ggf. regelmäßiger
Medikamentengabe und Einhaltung regelmäßiger Kontrollen etwas ändern.
Dann ist in den allermeisten Fällen eine Uretrostomie (Harnröhrenfistel)
nicht notwendig.
Mein Dalmatiner hat Schwierigkeiten beim Wasserlassen, was muss ich tun?
Dalmatiner,
die Schwierigkeiten beim Wasserlassen zeigen (dünner Strahl, immer
wiederkehrende Versuche zu urinieren, Hund strengt sich an ….) sind
ein absoluter
NOTFALL!!!
Diese
Hunde gehören unverzüglich zum Tierarzt. Lassen Sie sich nicht mit
einem Termin in einigen Tagen vertrösten, auch wenn ihr Hund noch ein
bisschen Wasser lassen kann, aber offensichtlich nicht normal uriniert.
All
diese Symptome weisen auf eine akute Verlegung der abführenden Harnwege
hin (Urethra- oder Ureterobstruktion). Innerhalb von Stunden füllt sich
hierbei die Blase mit fortwährend gebildetem Urin, der jedoch nicht
oder nicht ausreichend entleert werden kann. Die Blase spannt sich
zunehmend, es kommt zu extrem starken Schmerzen, Unruhe und ggf.
vegetativen Symptomen beim Hund, im
weiteren Verlauf kommt es durch den Druck zur Erweiterung der
Harnleiter und der Nierenbecken, innerhalb von 24 Stunden kann ein
tödliches Nierenversagen eintreten.
Der
Hund muss so rasch wie möglich untersucht und durch die o.g. Maßnahmen
die Durchgängigkeit der Harnwege wiederhergestellt werden.
Seltener eingesetzte Maßnahmen:
– Lithotripter-Behandlung: Zerstörung von Harnsteinen mit Ultraschallwellen
– Endoskopische Bergung/Zerstörung von Harnsteinen (14)
Ernährung und Flüssigkeitszufuhr – Tips für jeden Tag
Praxis-Tips: Erhöhung der Trinkmenge
Bei manchen Hunden ist die Erhöhung der Trinkmenge gar nicht so einfach. Insbesondere, wenn Trockenfutter gefüttert werden, nehmen manche Hunde mit Uratproblemen einfach zu wenig Flüssigkeit zu sich. Folgende Maßnahmen haben sich bewährt: – Trockenfutter in viel Flüssigkeit einweichen und mit zusätzlichem Wasser anbieten – Zusätzlich Wasser mit einem Schuss Milch oder Soja-Reis-Milch anbieten – Zusätzlich lauwarmes Wasser mit einem Teelöffel bis Esslöffel aufgelöstem Ziegenmilchpulver anbieten – Einen großen Topf ungewürzte Gemüsebrühe kochen und mit dem Futter anbieten (z.B. Fenchel, Zuccini, überreife Tomaten, Möhren mit Hühnerklein in einem großen Topf kochen. Das Hühnerklein wieder rausnehmen und verwerfen. Die Brühe zum Futter oder nebenher anbieten. – Gemüsesaft aus dem Supermarkt mit Wasser verdünnen – Ein wenig Honig in warmem Wasser auflösen (selten wegen Zucker/Zähnen/Kalorien)
Praxis-Tips Kauartikel/Hundekekse:
Da
jegliche Art von getrocknetem Fleisch, Pansenstreifen, Kauknochen etc.
extrem viel Rohprotein und viel Purine enthält, sind sie für Dalmatiner
mit Uratproblemen absolut ungeeignet.
Als
Kauartikel eignen sich dagegen in kleineren Mengen Kauartikel aus
Kartoffelstärke (z.B. Fressnapf „Stars“) oder andere Anbieter.
Eine weitere Möglichkeit ist, dem Hund eine Torgas Kauwurzel oder Hartgummispielzeug anzubieten.
Oder selber harte Kauplätzchen mit purinarmen Zutaten backen:
Z.B.
verschiedene Gemüse in der Küchenmaschine oder mit dem Pürierstab
pürieren, 200 g Quark, 2 Eier, 50-100 ml Öl, ggf. Kräuter oder etwas
Honig mit soviel Mehl mischen, dass ein glatter, zäher Teig verarbeitet
werden kann. Auf ein Backblech ausstreichen, 30-40 min bei ca. 140 Grad
90 min backen, nach 10 min Backzeit mit dem Messer Sollbruchkanten
in den Teig einritzen, dann nach Ende der Backzeit in Stücke brechen,
an der Luft trocknen lassen, bis die Brocken wirklich festgeworden sind.
Hält ca. 2 Wochen in einer nicht luftdicht verschlossenen Dose.
Praxis-Tips: Leckerchen
Als
Leckerchen kann entweder ein Teil des ggf. gefütterten purinarmen
Spezialtrockenfutters (s.u.) gefüttert werden. Alternativ oder bei
entsprechender Frischfütterung sind als Leckerchen Obst- oder
Gemüsestückchen erlaubt: Möhrenstücke, Gurkenstücke, Apfelstücke, in
kleinen Mengen auch Käsestückchen oder gekochtes Ei.
Möglich sind auch in kleinen Mengen selbstgebackene Kekse mit purinarmen Zutaten (s.o.).
(Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Vera Engelbertz)
Quellen:
(1) Independent Scientific Review Dalmatian Urinary Uric Acid Assessments Backcross Dalmatian Project, I.B. Krukenkamp, MD, FACS, FAHA, July 5, 2006 (2) Case, L.C., and coauthors: Urolithiasis in Dalmatians: 275 cases (1981-1990), Journal of the American Veterinary Medicine Association 203: 96-100 (July 1) 1993. (3) The Dalmatian Club of America. Fifteen Years’ Data of almost 3,000 Dalmatian urinary stones. Study Group on Urinary Stones Research Committee Dalmatian Club of America (4) Bannasch D, Safra N, Young A, Karmi N, Schaible RS, et al. (2008) Mutations in the SLC2A9 Gene Cause Hyperuricosuria and Hyperuricemia in the Dog. PLoS Genet 4(11): e1000246. doi:10.1371/journal.pgen.1000246 (5) Purinstoffwechsel beim Dalmatiner; Univ.-Prof. Dr. med. Vet. Christine Iben, Uniklinik Wien (http://www.dalmatiner-austria.at/html/gesundheit/purinstoffwechsel.html ) (6) Untersuchungen zu Art und Häufigkeit von Harnsteinen beim Hund und der Chemolitholyse von künstlichen Struvit- und Calciumoxalatsteinen (BON(N)-STONES), Inaugural-Dissertation von Marion Wolters an der Tiho Hannover, 2003 (7) Bauer, M., D. Stubican und C. Labura: Wien. Tierärztl. Mschr., 86, 136–139 (1999). Kmitta, Hannover , zitiert in Praktischer Tierarzt 81: 6, 483 (2000) (8) Canine and feline urolithiasis: Examination of over 50 000 urolith submissions tot he Canadian Veterinary Urolith Centre from 1998 to 2008; Doree M. Houston, A. E.P. Moore, Can Vet J 2009;50:1263–1268 (9) http://www.thedca.org/stonecharts.html (10) Evaluation of the association between sex and risk of forming urate uroliths in Dalmatians, H. Albasan, J.P.Lulich, et.al.; J Am Vet Med Assoc 2005;227:565–569) (11) Role of urinary inhibitors of crystallization in uric acid nephrolithiasis: Dalmatian dog model; M. (12) Carvalho et al; Urology, Volume 62, Issue 3, p 566-570, Sept 2003 (13) http://www.thedogplace.org/Genetics/Dalmatian-UricAcidStones-11031_Boyd.asp (14) http://www.ivis.org/advances/rc_de/A4509.0608.DE.pdf?LA=5 ; Klinische Diätetik des Hundes, Royal Canin (15) http://www.vetpharm.uzh.ch/reloader.htm?wir/00000031/5300_03.htm?wir/00000031/5300_00.htm (16) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/10028163 ; Voiding urohydropropulsion. Lessons from 5 years of experience; J.P.Lulich, et.al., Vet Clin North Am Small Anim Pract. 1999 Jan;29(1):283-91, xiv. (17) http://www.vu-wien.ac.at/i105/files/degasperi/urologievorlesungdez05.pdf (18) Gabriela Behling: Frisches Futter für ein langes Hundeleben; Expertenwissen und Rezepte für eine gesunde Hundeernährung, Kynos-Verlag, 2010 (19) Dalmatians Urinary Stones Disease: a compendium of scientific information; Carol H. Weiss, 2007 (20) Meyer-Zentek, Ernährung des Hundes, 5. Auflage